28. April 2015 | Antivirus für Windows
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Dauertest: Bremst Antiviren-Software den PC?

Kritiker behaupten, dass Schutz-Software für Windows einen PC stark ausbremst. AV-TEST hat in einem 14-monatigen, sehr aufwändigen Performance-Dauertest geprüft, wie hoch der Preis in Sachen Leistung für mehr Schutz ist und gibt klare Antworten.

Antiviren-Produkte

im „Performance“-Dauertest.

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Für den Leser eines Dauertests ist die vergebene Wertung für die Geschwindigkeit bzw. Performance eines Produkts nur eine einzige zusammengefasste Zahl. Für den Tester im Labor ist der Weg zu dieser Zahl ein weiter. Er musste dafür 14 Monate lang eine Lösung durch 7 Testrunden begleiten. Aus 19.000 Einzelwerten pro Produkt wurden 35 Bereichstestergebnisse addiert. Erst nach diesem Aufwand steht die Bewertung für ein einziges Produkt fest. Im aktuellen Dauertest von Januar 2014 bis Ende Februar 2015 wurden im Labor von AV-TEST ganze 23 Produkte auf ihre Geschwindigkeit geprüft. Dazu wurden abwechselnd die Betriebssysteme Windows XP, 7 und 8.1 genutzt.

Dauertest Performance

Einige Schutzlösungen machen einem Windows-PC im Alltag ganz schön zu schaffen.

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Kategorie „Kopieren unter Windows“

Während das Kaspersky-Produkt kaum bremst, sieht das bei Threat Track und Quick Heal anders aus.

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Performance Dauertest

Die Produkte von Kaspersky, Bitdefender und Qihoo 360 belasten einen Windows-PC am wenigsten.

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5 Kategorien im Performance-Test

Die meisten Produkte im Dauertest bremsen den PC in der Kategorie „Dateien kopieren“.

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Dauertest Performance

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Kategorie „Kopieren unter Windows“

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Performance Dauertest

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5 Kategorien im Performance-Test

23 Produkte im Performance-Test

Mit im Test waren die Produkte von Ahnlab, Avast, AVG (Free und Kaufprodukt), Avira, Bitdefender, BullGuard, Comodo, ESET, F-Secure, G Data, Kaspersky, McAfee, Microworld, Norman, Norton, Panda, Qihoo 360, Quick Heal, Tencent, Threat Track und Trend Micro. Zusätzlich wurde ein Windows-System mit den kostenlosen Microsoft Security Essentials oder dem Defender (bei Windows 8/8.1) als weiterer Vergleichswert durch alle Tests geschickt. Ein Referenzsystem ohne jegliche Schutz-Software diente zum späteren Vergleich der gemessenen Leistungswerte. Eine nähere Erklärung zum Thema Referenzsystem findet sich später im Absatz „Der Testaufbau".

Bei allen Produkten im Test wurde gemessen, wie lange sie für diverse Testsets benötigten, um

- Dateien aus dem Internet zu laden,
- Webseiten zu laden,
- Programme zu installieren,
- Programme inklusive Datei zu öffnen,
- Dateien zu kopieren.

Für alle Teilabschnitte wurden nach jedem Test 1 bis 5 Belastungspunkte vergeben, wobei 1 Punkt für gut steht und 5 Punkte für schlecht. Bremst eine Antiviren-Software ein System zwischen 0 und 20 Prozent, so bekommt es einen Belastungspunkt. Für 21 bis 40 Prozent gibt es zwei Punkte, bei 41 bis 60 Prozent Leistungsverlust drei Punkte und so weiter bis 5 Punkte.

Somit ergeben sich für alle 5 Testabschnitte zusammen als Bestwert 5 und als schlechtester Wert 25 Belastungspunkte. Alle Teilergebnisse der Tests wurden zusammengefasst und zum Schluss durch die Anzahl der 7 Testrunden geteilt.

Das Testergebnis

Den niedrigsten Einfluss und den damit besten Geschwindigkeits- bzw. Performance-Wert hat das Produkt von Kaspersky mit nur 5,1 Belastungspunkten. Wie bereits erwähnt liegt der maximal erreichbare Bestwert bei 5,0 Punkten. Dicht dahinter finden sich die Schutzpakete von Bitdefender und Qihoo 360 mit 5,3 bzw. 5,7 Punkten.

Die weiteren 6 Produkte von McAfee, Bullguard, Trend Micro, Norton, Avira und F-Secure liegen mit ihren Dauertestwerten bei ebenfalls guten 6,1 bis 7,9 Belastungspunkten. Alle anderen 14 Produkte liegen darüber. Wird ein System mit den Windows-Bordmitteln Security Essentials bzw. Microsoft Defender geschützt, so liegt die Belastung bei 8,7 Punkten.

Die Lösungen von Norman, Quick Heal und Threat Track bremsen einen PC schon deutlich mit ihren 12, 12,4 und 13,9 Belastungspunkten. Den schlechtesten Wert mit 25 Bremspunkten hat kein Produkt erreicht.

Um die Zahlen besser zu verstehen, hilft ein Beispiel mit zwei Einzelwerten: Jeder Anwender wird gerade beim Kopieren von Daten unter Windows immer ungeduldig. Im Test benötigt das Referenzsystem ohne jeglichen Schutz zum Kopieren des AV-TEST-Testsets mit 3,3 GByte Daten etwas mehr als 141 Sekunden. Ein Windows-System mit installierter Kaspersky-Schutz-Software untersucht die Daten und benötigt für das Kopieren 165 Sekunden. Wird das Schlusslicht von Threat Track eingesetzt, dauert der gleiche Vorgang im Schnitt über 300 Sekunden.

Die einzelnen Testabschnitte

AV-TEST nennt die 5 Testabschnitte den „Real-World-Test", denn alle getesteten Operationen werden so alltäglich meist mehrfach von Nutzern ausgeführt.

1. Dateien aus dem Internet laden

Damit alle Produkte eine exakt gleiche Leitung für den Download haben, wird ein Server im eigenen Testnetz als Downloadserver genutzt. Alle darauf angebotenen Programme sind während der kompletten Testzeit unverändert in der gleichen Version verfügbar. Somit ist das identische Download-Szenario während des Dauertests garantiert. Die meisten Schutzpakete scannen die Daten bzw. den Datenstrom während des Downloads und können so den Vorgang bremsen. Allerdings meisternfast alle Produkte diese Aufgabe so gut, dass die Werte unter der 20-Prozent-Marke liegen und so 21 von 23 Paketen im Schnitt durchweg nur einen Belastungspunkt bekommen. Lediglich die Produkte von Avira und G Data liegen durchschnittlich leicht darüber und kassieren dafür etwas mehr Belastungspunkte.

2. Webseiten laden

Für diesen Test werden ein paar dutzend Premiumseiten aufgerufen, wie zum Beispiel Amazon, Yahoo, Apple oder Google. Dazu wird der Internet Explorer des Test-Betriebssystems Windows XP, Windows 7 oder Windows 8.1 genutzt. Die gewählten Seiten sind im Web immer hoch verfügbar und daher perfekt für den Vergleich.

Der Test klingt simpel, ist aber immens aufschlussreich. Denn im Ergebnis schaffen nur drei Produkte eine leichte Belastung unter 20 Prozent und bekommen dafür nur 1 Punkt: Bitdefender, Kaspersky und McAfee. Weitere 20 Produkte reißen hier die Latte von 20 Prozent mehr Last und benötigen bis zu 40 Prozent. Daher gibt es auch bis zu 2 Belastungspunkte. Auffällig ist hier nur das Produkt Threat Track, welches das Laden der Seiten immens bremst und daher im Schnitt bei 4,6 Belastungspunkten liegt.

3. Programme installieren

Im Test werden Applikationen per Kommandozeile (ohne Klicks) installiert und die Zeit dabei gemessen. Mit in diesem Testabschnitt sind populäre Programme, wie zum Beispiel der Flash-Player oder der Adobe Reader. Die Anwendungen und deren Versionen sind natürlich während des ganzen Dauertests identisch.

Auch dieser Test ist wieder ein alltägliches Vorgehen eines Nutzers. Das Ergebnis zeigt, dass viele Schutz-Programme den Installationsvorgang um einiges verzögern. Bitdefender, Bullguard, G Data und Trend Micro bleiben hier genügsam, was nur einen Belastungspunkt ausmacht. Weitere 9 Lösungen liegen im Schnitt zwischen 1 und 2 Punkten, 9 Produkte zwischen 2 und 3 Punkten und die Microsoft Security Essentials bzw. der Microsoft Defender sogar bei über 3 Belastungspunkten.

4. Programme inklusive Datei öffnen

In diesem Test wird mit LibreOffice immer wieder direkt eine DOC-Datei, eine PDF-Datei und eine Präsentations-Datei geöffnet – alle mit großem Umfang. Die Schutzpakete überwachen den Zugriff und auch das Öffnen. Einige Lösungen verzögern so den Vorgang. Im Dauertest waren in diesem Bereich die Produkte von Bitdefender, ESET und Kaspersky kaum auffallend und bekamen dafür nur einen Punkt für die Belastung. Weitere 16 Produkte lagen im Durchschnitt bei über einem Punkt, 4 Lösungen sogar bei 2 und mehr Belastungspunkten.

5. Dateien kopieren

Gerade beim Kopieren von Daten unter Windows sorgen die meisten Schutzlösungen für Frust beim Anwender. Daher prüfte das Laborteam, wie stark die Produkte das Kopieren von Dateien verzögern. Zum Test diente ein 3,3 GByte großes Set mit verschiedensten Dateitypen wie Filmen, Bildern, Grafiken, Dokumenten, PDFs und Programmen. Bis zu dieser Testphase lagen die meisten Produkte noch annähernd gleich auf. Durch die Ergebnisse in diesem Testpunkt allerdings verloren viele Schutzpakete den Anschluss an die Spitze.

Der Test belegt, dass lediglich die Lösung von Qihoo 360 und Kaspersky den Kopiervorgang nur sehr gering verzögern. 8 Produkte müssen bereits zwischen 1 und 2 Punkte für ihre Belastung hinnehmen. 5 Schutzpakete liegen im Test zwischen 2 und 3 Punkten, 3 Pakete zwischen 3 und 4 Punkten und 5 Pakete sogar im Schnitt bei über 4 Punkten.

Die auffälligsten Produkte im Dauertest kommen von Ahnlab, ESET, Norman, Quickheal und Threat Track. Sie bremsen den Kopiervorgang im Alltag erheblich. Dieser Fakt spiegelt sich auch im Gesamtergebnis wieder.

Der Testaufbau

Für den Test wurden im Labor mehrere PCs mit absolut identischer Hardware genutzt: Intel Xeon X3360 @ 2,83GHz, 4 GByte RAM und 500 GByte Festplatte. Da diese Rechner aber trotzdem unterschiedliche Leistung bringen könnten, wurden sie aus einem Pool von 60 Test-PCs ausgewählt. Alle PCs wurden mit ungeschützten Windows-XP-, Windows-7- und Windows-8.1-Systemen mehrfach getestet. Die identisch schnellen Computer wurden dann als Testgeräte definiert. Deren Geschwindigkeitswerte dienen als Referenz für den Test. Vor und nach jedem Produkttest wurde überprüft, ob alle benutzten Rechner auch noch die gleichen Referenzwerte liefern.

Jedes Produkt durchläuft in einem Zyklus alle Tests mehrfach. Danach wird mit Hilfe eines Disk-Images samt installiertem Produkt der PC in einen definierten Ausgangszustand gebracht. Dann wird der Test erneut durchgeführt, es wird neu gestartet und es werden alle Tests wiederholt, die nochmals durchzuführen sind. Es wird jetzt noch einige Male neu gestartet und getestet, dann wird das System wieder mit Hilfe des Disk-Images zurückgesetzt und die Prozedur beginnt von neuem. Am Ende stehen für jeden einzelnen kleinen Testschritt mindestens 20, maximal 40 Einzelwerte bereit. Bei etwa 90 Testschritten pro Produkt werden in jedem Test 1.800 bis zu 3.600 Einzelwerte erfasst. In einem Dauertest über 7 Testrunden werden dann effektiv 12.600 bis 25.200 Werte analysiert; im Schnitt etwa 19.000 pro Produkt. Im Test mit 23 Produkten wurden so etwa 430.000 Testwerte erfasst.

430.000 Einzelwerte zählen mit

Die Analyse der 20 bis 40 Einzelwerte aus jedem Testschritt erfolgt nach einem besonderen Schema. Die Einzelwerte werden dabei in Gruppen nach Mittelwert und Standardabweichung berechnet. Die Gruppe mit der niedrigsten Standardabweichung hat somit die geringste mögliche Fehlerquote. Sie wird dann für die weitere Berechnung genutzt. Das verwendete Analyseverfahren ist gängige Statistik und schließt Verfälschungen der Ergebnisse durch Extremwerte aus.

Der Gesamtwert der Berechnung wird abschließend mit dem Performance-Wert des ungeschützten Referenzsystems verglichen.

Bremst Antiviren-Software den PC?

Das Ergebnis zeigt, dass eine gute Schutz-Software einen Windows-PC nicht stark ausbremst. Wie bei jeder ausgeführten Software werden ein paar Systemressourcen benötigt und das verlangsamt den PC. Die Produkte von Kaspersky, Bitdefender und Qihoo 360 zeigten in diesem Dauertest die geringste Belastung der Systeme, obwohl sie gut schützen, wie die letzten Schutzfunktions-Tests belegen („Die besten Antivirus-Programme für Windows Privatanwender").

Die „gefühlte" Verlangsamung eines PCs, von der Anwender häufig berichten, ist aber eine belegte Tatsache. Dies zeigen die Produkte von Norman, Quickheal und Threat Track deutlich. Diese Schutz-Pakete sorgen dafür, dass ein Kopiervorgang 2,5 bis 3 Mal langsamer ist, als etwa mit der Kaspersky-Software.

Das Team von AV-TEST erreichen gelegentlich Anfragen von Anwendern, welche in eigenen Tests zu völlig anderen Ergebnissen gekommen sind. Dies kann bei speziellen Konfigurationen und bestimmter Hard- und Software durchaus vorkommen. Wer sich unsicher ist, ob die hier schnellste Software für ihn die richtige ist, sollte dies selbst austesten: Zuerst ein System-Backup machen, dann die Test-Software aufspielen und alles selbst ausprobieren. Ist etwas nicht so, wie es sein sollte, dann spielt man einfach das Backup zurück.

Testmethodik und Kritik

Maik Morgenstern, CTO AV-TEST GmbH
Maik Morgenstern, CTO AV-TEST GmbH

Typische Einwände von Kritikern gegen die Art der Ergebnisermittlung sind die Einflüsse durch verwendete Hardware, durch Software wie Windows und durch Zugriffe auf das Internet.

Der Kritikpunkt Hardware ist durch das oben im Text unter „Testaufbau" aufgezeigte Prozedere der Test-PC-Findung entkräftet. Die Referenzwerte werden nach jedem Test an jedem PC erneut geprüft.

In Sachen Windows könnten Hintergrundtasks das Verhalten beeinflussen. Daher haben die Tester alle Tasks, die man abschalten kann, auch deaktiviert. Würde dennoch einmal in einem Testschritt ein Extremwert vorkommen, wird dies durch die 20- bis 40-fache Wiederholung des Schritts statistisch ausgeglichen.

Der dritte Kritikpunkt betrifft den Internet-Zugriff im Test, wenn es um das Besuchen von Webseiten geht. Zum einen kann die Geschwindigkeit vom angefragten Server und dem Routing abhängen, zum anderen verändern sich durch Werbebanner oder Bilder die Webseiten. Der Test wird mit Hilfe einer 500-MBit-Leitung realisiert und läuft über mehrere Tage und zu unterschiedlichen Zeiten. So werden eventuelle negative Effekte minimiert. Die Ergebnisse zeigen auch, dass eine Verlangsamung durch eine Schutz-Software nicht nur sporadisch auftritt, sondern konstant für alle getesteten Internet-Seiten ist.

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