Test: Kinderschutz-Software für Desktops mit Windows 10 & MacOS
Eltern sichern ihre Kinder im Auto ganz selbstverständlich per Gurt. Genauso selbstverständlich sollten sie ihre Kleinen per Kinderschutz-Software bei der Nutzung von Internet und Sozialen Medien schützen. AV-TEST hat geprüft, welche Kinderschutz-Produkte als digitaler Sicherheitsgurt unter Windows 10 und MacOS für das Internet taugen.
Kinder haben zum Teil ungebremsten Zugriff auf PCs und damit auch auf das Internet und seine Sozialen Medien. Das Kindesalter spielt inzwischen kaum noch eine Rolle: Notebook aufgeklappt und los geht’s. Weltweite Studien haben erfasst, dass bereits 10 bis 20 Prozent der Kinder ab 6 Jahren täglich das Internet nutzen. Je älter das Kind, desto häufiger wird die tägliche Nutzung.
9 Kinderschutz-Produkte vs. Windows10- & MacOS-interne Tools
Microsoft und Apple werben bei Windows 10 bzw. bei MacOS High Sierra mit internen Funktionen und kostenlosen Zusatz-Tools für den Kinderschutz. Diese funktionieren grundsätzlich, kranken aber unter rudimentärer Ausstattung. Der bereits veröffentlichte Vergleich von Desktop- und Mobile-Betriebssystemen belegt das deutlich.
Aber wie sieht es denn aus mit spezieller Kinderschutz-Software für Windows und Mac? Schützt sie besser als der Grundschutz der Systeme? Jede Software hat ähnliche Funktionen. Sie sind somit gut vergleichbar. Aber passen denn die Funktionen auch zu den Gefahren, die auf Kinder lauern? Die Experten aus dem Labor von AV-TEST haben 7 Gefahrenpunkte definiert und dann geprüft, ob die vorhandenen Funktionen diese Punkte abdecken. Ist das der Fall, galt der Punkt als erfüllt.
Die Produkte Kaspersky Safe Kids und Symantec Norton Family haben sich einem erweiterten Zertifikatstest unterzogen und auch mit Auszeichnung bestanden. Beide erhalten das Zertifikat APPROVED Parental Control Windows 11/2018. Die System-Tools von Windows und Mac wurden zum direkten Vergleich mitgeprüft. Die anderen 7 Produkte wurden nur in Teilfunktionen mitgetestet.
Vor diesen 7 Gefahren sollten Kinderschutz-Produkte schützen
- Schutz vor Cyber-Mobbing
- Zugangskontrolle zu Erwachsenen-Inhalten
- Schutz privater Daten
- Kontrolle der Nutzungszeit von Geräten
- Schutz vor Online-Geldfallen
- Schutz vor sexuellen Online-Anfragen (Grooming)
- Gesicherte Privatsphäre
Die Testmethodik und die Umsetzung innerhalb der Desktop- und Mobile-Systeme erklärt AV-TEST im ersten Artikel zum Thema Kinderschutz-Software. Daher fokussiert sich die Zusammenfassung dieses Testes auf die einzelnen Testergebnisse der Produkte.
„Lass mich in Ruhe“ – Schutz vor Cyber-Mobbing
Das Labor erwartet bei einem gut funktionierenden Schutz vor Cyber-Mobbing eine Zeitkontrolle des Gerätes, sowie den Schutz von Profilen und Aktivitäten, etwa durch eine Social-Media-Kontrolle. Gerade Facebook ist an dieser Stelle ein sehr oft genutzter Kanal. Dort werden Chats geführt, gepostet und Bilder veröffentlicht. Nur die Schutzpakete von Kaspersky Lab und Symantec bieten überhaupt ein Kontroll- und Schutz-Tool für Facebook an. Bei allen anderen Produkten und in den Systemen gibt es so etwas nicht. Flexible Sperrzeiten für das ganze Gerät lassen sich bei allen Produkten und Systemen einrichten. Sperrzeiten für einzelne Anwendungen hingegen finden sich nur bei Kaspersky Lab.
Extrem hilfreich für Eltern sind die Berichtsfunktionen, da sie dort schnell einen Überblick bekommen. Auf den ersten Blick bieten viele Produkte sowie Windows und MacOS einiges an. Aber die Qualität der aufbereiteten Informationen und die Zusatzfunktionen trennen schnell die Spreu vom Weizen. Eine Übersicht aller Verstöße findet sich bei Kaspersky Lab, Symantec, Windows, sowie bei den mitgeprüften Paketen von McAfee, Mobicip, NetNanny und Trend Micro. Bei Apple gibt es keine Gesamtübersicht. Schaut man tiefer, so sollten sich Listen besuchter und geblockter Webseiten finden lassen und eine Suchhistorie vorhanden sein. Ebenso sollte die Nutzungszeit einzelner Apps erfasst und eine Übersicht geblockter und dennoch angeklickter Apps geführt werden. Die Tabelle zeigt schnell, dass Apple kaum etwas aufzeichnet. Besser ist da Windows 10. Das System zeichnet zwar viel auf, aber der Informationsgehalt ist teils sehr dürftig. Die Programme von Kaspersky Lab und Symantec zeichnen wesentlich ausführlicher auf, auch wenn Symantec weder Apps blockt, noch etwas darüber protokolliert.
Sperre oder nicht – der Zugang zu Inhalten für Erwachsene
Auf welche Webseiten können Kinder zugreifen, wenn eine Kinderschutz-Software aktiv ist? Um das festzustellen, mussten die Systeme und Produkte zuerst über 6.300 Webseiten mit nicht geeigneten Inhalten ausfiltern. Danach galt es, fast 2.700 geeignete Seiten zu begutachten und den Zugriff zuzulassen. Dieser Test zeigt schnell, wie gut die Kinder vor falschen Seiten geschützt werden. Gleichzeitig zeigt der Gegentest, ob die Produkte überreagieren und zu viele geeignete Inhalte blockieren. Die Kinderschutzpakete von Kaspersky Lab und Symantec bieten viele vordefinierte Filterkategorien, wie zum Beispiel Pornografie, Glücksspiel, Chats & Foren und mehr. Das Labor hat insgesamt 10 Kategorien vorausgesetzt, wie die untere Tabelle zeigt. Da die Betriebssysteme nur auf Pornografie achten, versagen sie bei allen weiteren ungeeigneten Seiten. Einige der zusätzlich geprüften Tools anderer Anbieter mit Kinderschutz-Funktionen haben weniger Kategorien. Daher filtern sie ebenfalls schlecht. Nur JusProg und Trend Micro bieten mehrere Kategorien an. Allerdings sind die Filterquoten von JusProg, einer von offiziellen deutschen Behörden empfohlenen Software, in vielen Bereichen mit 10 bis 60 Prozent Filterleistung nicht überzeugend.
In der Gegenprobe erkennen die meisten Tools über 90 Prozent der für Kinder geeigneten Seiten korrekt und zeigen sie an. Der Wert bei Microsoft und Apple ist zwar höher, aber sie kümmern sich ja nur um das Thema Pornografie. Der Rest ist ihnen egal.
Die Seiten zu filtern ist das Eine, aber eigentlich sollten Kinder sie erst gar nicht in einer Suchmaschine finden. Dazu gibt es bei Anbietern, wie etwa Google, Yahoo oder Bing die Funktion „Sichere Suche“. Viele Tools aktivieren automatisch diese Funktion – allerdings nur bei ausgesuchten Suchmaschinen. So ist das auch bei den Tools der Betriebssysteme. Windows 10 mag alles außer Google – Apple dagegen ausschließlich Google. Die zertifizierten Produkte von Kaspersky Lab und Symantec kennen die bekannten Standardsuchmaschinen, wie Google, Yahoo oder Bing und mehr.
In Sachen Berichte zeigen die geprüften Tools von Kaspersky Lab und Symantec sowie die Betriebssysteme die besuchten und geblockten Webseiten sowie eine Suchhistorie. Nur bei Apple fehlen die letzten beiden Punkte.
Schutz privater Daten – wenn Kinder nicht nachdenken
Kinder geben im Internet und in Sozialen Medien oft unüberlegt viele private Daten preis. Die Schutzmodule für Social Media bei Kaspersky Lab und Symantec verhindern das. Die Tools der Betriebssysteme sind hier machtlos. Auch die Eingabe zuvor definierter privater Daten wie Adresse oder Telefonnummer auf Webseiten oder in Foren wird nicht kontrolliert oder gegebenenfalls verhindert. Das können nur die Kaufprogramme gut.
Aber eigentlich sollten Kinder erst gar nicht auf Webseiten oder zum Beispiel in Foren landen, die ungewöhnlich viele private Daten fordern. Das kann eine gute Webseitenfilterung verhindern. Diese funktioniert bei den System-Tools wie bereits zuvor erwähnt nur beim Thema Pornografie. Die zertifizierten Programme von Kaspersky Lab und Symantec schützen zuverlässiger, da sie in vielen Kategorien besser vorfiltern.
Zu guter Letzt sollte der versuchte Abfluss von privaten Daten dokumentiert werden, indem zumindest die besuchten Webseiten in einem Bericht auftauchen. Das können alle Tools – auch die der Systeme.
Gegen zu viel digitale Ablenkung: Kontrolle der Nutzungszeit
Damit Kinder nicht ohne Maß am PC sitzen, fordern die Tester von einer guten Software ein passende Kontrollpaket bestehend aus einer Zeitkontrolle für die Gerätenutzung, eine funktionierende App-Kontrolle, sowie das Blockieren von Webseiten und gute Berichtsfunktionen über die gesamte PC-Nutzung.
Die meist per Profil festgelegten Nutzungszeiten sind bei den Kinderschutzlösungen von Kaspersky Lab und Symantec, sowie bei den Systemtools gut steuerbar. Die App-Kontrolle inklusive Sperrung beherrschen Apple und Kaspersky Lab. Bei den weiteren Tools zum Vergleich wurde das Vorhandensein einer App-Kontrolle nicht erfasst. Bei Microsoft lassen sich Apps zwar global nach dem Alter verwalten, aber nicht einzeln sperren. Symantec muss an dieser Stelle passen. Daher protokolliert Symantec auch nicht die Nutzungszeit der Apps, was alle anderen wiederum anbieten.
Mit Hilfe einer guten Berichtsfunktion lässt sich schnell feststellen, ob ein Kind in der Nutzungszeit zum Beispiel viele Seiten für die Schule gelesen oder nur gespielt hat. Das funktioniert bei den zertifizierten Schutz-Tools um einiges genauer und informativer, als etwa innerhalb der Betriebssysteme.
Geldfallen im Internet
Kinder sind natürlich auch eine gute Geldquelle, da sie leicht zu verlocken sind. Gerade bei Online-Spielen oder in Spiele-Apps werden oft digitale Ausrüstungsgegenstände gegen kleines Geld angeboten. Um das zu verhindern, muss ein Kinderschutz auch Apps kontrollieren und unpassende Webseiten blockieren können, etwa Seiten für digitale Zusatz-Tools. Auch Werbung, die Kinder auf spezielle Seiten locken will, sollte ein Ad-Blocker gleich abwehren.
Apps können wie bereits erwähnt nur Apple und Kaspersky Lab kontrollieren. Microsoft kann sie nur global nach dem Alter im Profil filtern, bzw. alle an- oder abschalten. Das Filtern von unpassenden Webseiten ist für die System-Tools nicht möglich, da sie die nötigen Filterkategorien nicht kennen. Das beherrschen nur die Schutz-Tools von Kaspersky Lab und Symantec. Einen nötigen Werbe-Blocker hat nur das interne Tool von MacOS im Gepäck – Kaspersky Lab, Symantec und Microsoft haben ihn nicht.
Wenn Fremde mit digitalen Bonbons locken
Kinder lassen sich oft arglos auf digitale Kontakte ein. Das machen sich immer wieder Erwachsene zu Nutze und geben sich mithilfe gefälschter Profile als gleichaltriges Kind aus. Die Tester haben diesen Gefahrenpunkt „Schutz vor sexuellen Online-Anfragen (Grooming)“ genannt. Das bedeutet, dass sich Fremde einschmeicheln, digitale Geschenke schicken und so versuchen, ein Kind auszuhorchen. Mit den passenden Informationen oder peinlichen Geheimnissen werden dann oft Nacktbilder oder mehr erpresst. Um hier eine gute Prävention zu leisten, sollte der Kinderschutz ein Social-Media-Tool besitzen, die persönliche Dateneingabe kontrollieren, explizite Inhalte wie Nacktbilder erkennen, sowie den ganzen Datenverkehr, die Seitenzugriffe und weitere Abläufe protokollieren.
Ein nützliches Social-Media-Tool haben nur Kaspersky Lab und Symantec im Angebot. Ein Überwachungs-Tool für die Eingabe von zuvor definierten persönlichen Daten hat sogar nur Symantec. Ein Tool, welches Bilder analysiert und deren Inhalte erkennen kann, ist zwar technisch möglich, aber leider bei keiner Lösung in diesem Test zu finden. Die Berichtsfunktionen der Betriebssysteme haben in diesen Fällen kaum etwas zu reporten, denn ihnen fehlen die meisten Funktionen, um die Vorgänge zu protokollieren. Kaspersky Lab und Symantec haben hier definitiv die Nase vorn.
Gesicherte Privatsphäre – Identitätsdiebstahl ist schnell passiert
Die meisten Attacken im Internet zielen auf wertvolle Informationen ab, wie etwa Zugangsdaten für Banken, Shops oder andere Dienstleister. Für diese Attacken verstecken sich Angreifer gerne hinter anderen Identitäten, die sie natürlich ebenfalls zuvor gestohlen haben. Die benutzen Angriffswerkzeuge sind immer recht ähnlich: zum Beispiel verseuchte E-Mails, Werbe-Banner mit Schädlingen oder gefälschte Webseiten, die eine Eingabe von persönlichen Daten, Zugangsdaten und Passwörtern fordern.
Die Experten fordern daher innerhalb einer Kinder-Software verschiedene Schutzmaßnahmen, um den zuvor genannten Gefahren zu begegnen. Dazu zählen eine klassische Abwehr von Schädlingen, eine Werbe-Blocker und eine Funktion oder ein Tool zum Schutz der persönlichen Daten.
Die Systeme von Windows und MacOS haben interne Tools, die vor Attacken durch Malware schützen sollen. Windows nutzt dafür sein Schutz-Tool Defender, hat aber weder einen Werbe-Blocker noch schützt es persönliche Daten. MacOS hat neben seinem Tool gegen Schädlinge auch noch ein Privacy-Tool und einen Werbe-Blocker. Die Programme von Kaspersky Lab und Symantec setzen darauf, dass die Nutzer bereits ihre Schutz-Software nutzen und den Kinderschutz als Zusatz-Tool einsetzen, da dies jeweils eine starke Kombination darstellt.
Auch einen Werbe-Blocker haben beide nur in ihren Schutzpaketen mit im Angebot – bei der Kinderschutz-Software nicht. Das sogenannte Privacy-Tool zum Schutz persönlicher Daten bietet nur Symantec an.