07. August 2015 | Kinderschutz
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Test: Kinderschutz-Software für Windows und Mac OS X

Wer nicht möchte, dass seine Kinder unbeaufsichtigt mit der Frühaufklärung über das Internet anfangen, sollte eine Kinderschutz-Software einsetzen. Die gibt es entweder als eigenes Produkt oder sie steckt meist bereits als Modul in einer Internet-Security-Suite. Das Labor von AV-TEST hat 17 Lösungen in einem ersten wirklich umfassenden Test geprüft.

Kinder im Internet

Laut internationalen Statistiken gehen bereits 6 bis 8-Jährige regelmäßig ins Internet.

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Sehr oft haben Kinder Zugriff auf das Internet, ohne dass ein Erwachsener dabei ist. Schließlich kennen sich die Kleinen oft besser aus als die Großen. Aber wer das Internet kennt, der weiß, dass es dort viele Inhalte gibt, die nicht für Kinder geeignet sind. Meist reichen eine Suche in Google oder ein falscher Klick auf ein Banner und man landet in Bereichen mit sehr offenherzigen Bildern und Texten.

Erkennung und Filterung

Mit nur wenigen Ausnahmen filterten und blockten alle Produkte recht gut die ausgesuchten Webseiten.

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Zusatzfunktionen in Kinderschutz-Software

Das Angebot an weiteren Schutz- oder Sperrfunktionen ist sehr unterschiedlich.

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Log- und Report-Funktionen

Viele Lösungen setzen verstärkt auf die Auswertung der gesamten Nutzung.

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Microsoft Family Safety

Das Tool ist seit Windows 7 kostenlos nutzbar.

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Parental Controls

Auch Mac OS X bietet ein internes Tool mit Kinderschutz-Funktionen an.

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Erkennung und Filterung

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Zusatzfunktionen in Kinderschutz-Software

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Log- und Report-Funktionen

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Microsoft Family Safety

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Parental Controls

17 Lösungen im Test

Im Labor von AV-TEST wurden 7 Lösungen geprüft, die speziell für den Kinderschutz entwickelt wurden. Weitere 8 geprüfte Internet-Security-Suiten bringen im Paket jeweils ein Kinderschutz-Modul mit. Zum besseren Vergleich wurden die kostenlos mitgelieferten Kinderschutz-Module von Windows 8 und Mac OS X ebenfalls geprüft. Microsoft liefert das Modul Microsoft Family Safety mit; Mac OS X das Tool Parental Controls.

Die Produkte kommen von Bitdefender, BullGuard, eScan, F-Secure, Kaspersky Lab (zwei Lösungen), McAfee, Mobicip, Net Nanny, Quickheal, Salfeld (zwei Versionen), Symantec, Telekom und Trend Micro.

Im Test wurden alle Produkte in ihrer Standard-Einstellung installiert und für ein 7-jähriges Kind eingestellt, bzw. die fertigen Vorgaben dafür gewählt. Danach wurde geprüft, ob die anwählbaren Suchmaschinen wie Google, Bing oder etwa Yahoo in den Safe-Search-Modus gestellt wurden. Dieser Modus filtert gleich alle Inhalte und Links aus, die nur für Erwachsene gedacht sind. Gleichzeitig sollten andere Suchmaschinen, die keine Safe-Search-Funktion bieten, nicht anwählbar sein.

Auch die weiteren Steuerungsmöglichkeiten wurden geprüft und notiert. Dazu gehören Zeitlimits für die PC- und Internet-Nutzung, sowie eine Programm-Kontrolle. Diese lässt nur Anwendungen zu, die das Kind auch benötigt. Videoplayer oder Download-Programme lassen sich so sperren. In den Zusatzfunktionen findet sich bei einigen Programmen ein Schutz für Facebook. Er soll dafür sorgen, dass schädliche Links und Spam abgefangen werden. Diese Funktion bieten nur 7 der 17 Programme an. Etwas überraschend: Lediglich die 4 reinen Kinderschutz-Software-Pakete verhindern, dass Kinder mit dem abgesicherten Modus von Windows die Schutzfunktion aushebeln.

Überwachung aus der Ferne

Die Zusatzfunktion „Steuerung und Administration aus der Ferne" ist bei einigen Produkten mit den wichtigen Log- und Report-Funktionen verknüpft. Nur rund die Hälfte der Lösungen lässt es zu, dass über eine Webseite oder ein Tool auf einem anderen Gerät, die Aktivität des Kinderschutzes überwacht wird. Eltern können so auch aus der Ferne zum Beispiel Kontakte im Instant Messanger sperren oder spezielle Internet-Domains blockieren.

Wie bereits beschrieben landen alle Aktivitäten in Log- und Report-Dateien. 12 von 17 Lösungen notieren sich alle besuchten Internet-Seiten. Wurde eine Seite angesurft, die nicht gesperrt oder nicht als zu verweigernde Seite erkannt wurde, dann bekommen die Eltern bei F-Secure, Net Nanny, Quickheal, Telekom und Trend Micro auch nichts davon mit. Alle Programme, außer von der Telekom und F-Secure, erfassen aufgerufene geblockte Seiten. Egal, ob diese zuvor gesperrt oder von der Programm-Logik wegen des Inhalts erkannt wurden.

Viele Produkte protokollieren auch die gesamte Suchhistorie, sowie die Liste alle gesperrten Programme, die versucht wurden zu starten. Wer bei seinem Nachwuchs die Nutzungszeit von PC und Internet überwachen will, muss ebenfalls bei vielen Schutz-Tools Abstriche machen. Das können nur F-Secure, Kaspersky (Internet Security) und Salfeld im vollen Umfang. Weitere 4 Produkte notieren entweder die Nutzungszeit des PCs oder die Online-Zeit im Internet. 9 Produkte loggen hier nichts; mit dabei auch 4 reine Kinderschutz-Pakete.

Die feine Kunst des Webadressen blocken

Der wichtigste Testteil ist die Erkennung und die Analyse von Begriffen und Webadressen, die Kinder normalerweise eingeben oder anklicken. Viele Programme bieten hier diverse Kategorien an, die sich anpassen oder auch deaktivieren lassen. An dieser Stelle unterscheiden sich einige der geprüften Programme. Nicht alle haben die gleichen Kategorien. Besonders die zusätzlich geprüften Module von Windows und Mac OS X achten nur auf den Bereich „Sex, Pornografie, Nacktheit". Fehlende Kategorien müssen sie dann mit logischer Erkennung und Wortvergleichen auffangen.

Viele Produkte bieten das so genannte Whitelisting an. Bei dieser Technik sind nur die Seiten zugelassen, die explizit in einer Liste eingetragen wurden. Der Zugriff auf alle anderen Seiten wird verwehrt. Da die Hersteller aber aus verschiedenen Ländern kommen, sind deren Listen regional und sprachlich stark beeinflusst. Daher haben die Tester diese Funktion im Test nicht verwendet. Die Produkte mussten alleine durch ihre eigenen Techniken, Logik-, Satz- und Wort-Analysen die Webseiten klassifizieren und eventuell auch aussortieren.

Dazu hat das Labor im ersten Schritt über 12.000 ungeeignete Webseiten aufgerufen und danach noch einmal 13.000 Seiten, die für Kinder geeignet sind. In Tests von anderen Laboren wurden an dieser Stelle oft nur Links zu Seiten mit pornografischen Inhalten genutzt. Aber das wäre für die Programme zu leicht. Daher wurden im Labor die 12.000 Links aus 8 Kategorien zusammengestellt: Chats & Foren, Dating & Treffs, Illegaler Datentausch & Filesharing, Glückspiele, Unterhaltungsspiele, Shopping-Seiten und Auktionen, Waffen & Munition sowie Sex, Nacktheit, Pornografie.

Die Analyse der 12.000 für Kinder definitiv ungeeignetem Seiten gelingt den meisten Produkten sehr gut, wobei man im Test aber keine 100 Prozent erwarten darf. Denn werden die diversen Filter zu scharf eingestellt, dann geht das klar zu Lasten der eigentlich geeigneten Seiten. Das Ergebnis ist dann im Fachjargon so genanntes Overblocking. Im Klartext heißt das, dass ständig harmlose Seiten geblockt werden und dies bei den Kids zu Frust führt. Den Paketen von Symantec, Quickheal und Trend Micro gelingt das Aussortieren und Blocken der Seiten mit sehr hohen Quoten.

In der Gegenprobe mussten 13.000 für Kinder geeignete Seiten und auch unproblematische Seiten richtig erkannt werden. Denn zum Beispiel die Webseite eines Autozubehör-Händlers ist zwar keine Kinderseite, aber dennoch für Kinder in Ordnung und sollte daher nicht geblockt werden. Weiterhin wurden Internetseiten dazu genommen, bei denen die URLs bereits Teilwörter enthalten, die Wortfilter oft als obszön erkennen, wie etwa Analyst, Klasse, Wankelmotor oder Cocktail. Damit das Ergebnis international vergleichbar ist, waren die ausgesuchten Seiten auch noch in 6 Sprachen. Gleich 8 Produkte meisterten die Gegenprobe sehr gut und blockten nur 1 bis 5 Prozent zu viel an Webseiten. Der Rest liegt etwas höher bei 6 bis 8 Prozent. Lediglich die Lösung von Bitdefender war zu pingelig und sortierte gleich 16 Prozent aus.

Wer schützt das Kind nun am besten?

Die Problematik bei Kinderschutz-Software oder passenden Modulen in Internet-Security-Suiten: es gibt keinen definierten Umfang an Standardfunktionen. Jedes Produkt bietet eine kaum überschaubare Menge an Einstellungsmöglichkeiten. Das Labor hat für den Vergleich nur die wichtigsten herausgegriffen. Sicher ist: alle Produkte senken das Risiko, dass Kinder an unpassende Webinhalte geraten.

In Sachen Erkennen, Filtern und Blockieren spielt auch die Philosophie der Hersteller eine Rolle. So sagt zum Beispiel Microsoft, dass sie gezielt weniger blocken als andere Hersteller, um auf alle Fälle ein Overblocking zu vermeiden. Nach eigenen Umfragen und Studien würden junge Nutzer wenn sie zu sehr genervt sind, gezielt versuchen den Schutz zu umgehen.

Net Nanny setzt auf eine Technologie, bei der Inhalte dynamisch und nicht statisch Kategorien zugeordnet werden (Dynamic Categorization Technology). Daher passt laut Net Nanny die Testumgebung nicht zum Produkt. Die weitere Analyse passiere ebenfalls dynamisch mit einer Auswertung von Wörtern und Phrasen im Kontext (DCA, Dynamic Contextual Analysis). So könne man Seiten immer neu bewerten.

Fairerweise muss noch erwähnt werden, dass die Pakete Salfeld Kindersicherung 2015 und Kaspersky Safe Kids während des Tests noch Beta-Status hatten. In der finalen Version können diese noch besser sein als im Test. Kaspersky schickte auch die Information mit, dass man an einer Produktlinie arbeite, die Versionen für Mac, iOS und Android bietet. Später sollen diese Produkte auch miteinander arbeiten und aufeinander abgestimmt sein.

Mehr Technik oder mehr Aufmerksamkeit

Letztendlich müssen die Eltern entscheiden, welches Produkt sie nutzen wollen. Einige Lösungen setzen stark auf Kontrolle und Sperrungen am Gerät. Andere wieder mehr auf die reine Überwachung und Protokollierung – sogar aus der Ferne. Kombiniert man seine Wunschfunktionen mit der Leistung bei der Erkennung und Filterung der Links, fällt die Auswahl nicht schwer. Aber egal, wie gut die Technik für Eltern arbeitet – sein Kind sollte man niemals völlig unbeaufsichtigt in der digitalen Welt reisen lassen.

Report und Logs statt digitaler Sperren?

Leiter Test Research: David Walkiewicz
Leiter Test Research: David Walkiewicz

Beim Einsatz von Kinderschutz-Software muss man immer die Nutzergruppe mit betrachten. Denn es gibt klare Unterschiede, wie man ein 6 bis 7 oder ein 9 bis 10 Jahre altes Kind in der digitalen Welt behüten muss.

Der Versuch, alles was es im Internet gibt, vor einem Schulkind zu verstecken, wird über kurz oder lang scheitern. Das gesunde Mittel sollte regieren: der größte Teil an Webseiten und Inhalten, der für Kinder nicht geeignet ist, wird geblockt. Andere Webseiten, die etwa nicht besonders für Kinder geeignet sind und doch aufgerufen werden, sollten mit dem Kind besprochen werden. Denn je älter ein Kind wird, desto mehr wird es die Eltern in der Regel im Umgang mit den digitalen Medien abhängen. So sehen es auch viele Hersteller und haben daher die Diskussion um Blockraten beendet. Vielmehr setzen sie darauf, dass Kinder die Schutz-Software als Helfer akzeptieren und nicht nur als Aufpasser, der alles verbietet. So stehen in vielen Produkten ausführliche Reports und Logs als Gesprächsgrundlage für die Eltern bereit. Können Kinder eine Sperre erfolgreich aushebeln, dann können sie diese meist auch wieder selbst aktivieren. Ab diesem Moment bekommen die Eltern gar nichts mehr mit und haben ihr Ziel der erfolgreichen digitalen Aufklärung verfehlt.

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